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Aufgrund häufiger Brüche in Unterwasserpipelines sind Reparaturen für Nord Stream möglich

Apr 09, 2023Apr 09, 2023

Während internationale Experten versuchen herauszufinden, was die Brüche in der Nord Stream-Pipeline verursacht hat, haben Ingenieure mehrere Möglichkeiten, das Problem zu beheben

Letzte Woche brachen an drei verschiedenen Stellen entlang der Unterwasserpipelines Nord Stream 1 und 2 Gase aus. Die Umstände bei Nord Stream mögen ungewöhnlich sein, Schäden an Unterwasserpipelines jedoch nicht.* Korrosion durch Salzwasser kann zu Undichtigkeiten führen, und in der kommerziellen Schifffahrt kommt es immer wieder zu Unfällen. Die Rohre von Nord Stream verlaufen auch unter einigen der verkehrsreichsten Schifffahrtsrouten der Welt. Aus diesem Grund verfügen Pipelines über ausgefeilte Schutzmaßnahmen und Reparaturtechniken. Bereits beim Bau der Pipelines werden Pläne für den Umgang mit Lecks und Unfällen formuliert. Die Ingenieure werden einem festgelegten Plan folgen, um so schnell wie möglich mit der Reparatur der beschädigten Abschnitte von Nord Stream zu beginnen.

Pipelines müssen vielen Bedrohungen standhalten. Insbesondere die massiven Anker großer Containerschiffe oder Tanker können die Rohre beschädigen – wie 2008 bei der Kvitebjørn-Pipeline in der Nordsee vor der norwegischen Küste. Auch von Booten herabfallende Gegenstände wie Container und sogar sinkende Schiffe selbst können die Pipeline treffen. Ebenso stellen Erosion und Erdrutsche unter Wasser eine potenzielle Gefahr dar. Aus diesem Grund werden die Rohre je nach Situation und Risiko mit unterschiedlichen Methoden geschützt. Sie können beispielsweise mit großen Steinen zur Ankerabwehr umgeben, mit Betonmatten abgedeckt oder komplett im Meeresboden vergraben sein.

Allerdings wären solche Maßnahmen für die mehr als 1.000 Kilometer langen Pipelines von Nord Stream sehr teuer gewesen. Die Bauwerke liegen direkt auf dem Meeresboden oder, wenn dieser nicht stabil oder eben genug ist, auf einem Kiesbett. Sie werden nur dort unter der Erde verlegt, wo sie dem Ufer am nächsten verlaufen. Geschützt werden die Rohrleitungen durch ihre 2,7 bis 4,1 Zentimeter dicken Stahlwände und einen bis zu 11 Zentimeter dicken Betonmantel, der gleichzeitig als zusätzliche Beschwerung dient; Ohne den Beton wäre die Pipeline einfach zu leicht und würde schwimmen.

Sogar die Möglichkeit einer Explosion in der Nähe der Pipelines wurde bei der Planung von Nord Stream berücksichtigt. Unzählige Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg liegen bis heute in der Ostsee, weshalb Experten einen 50 Meter breiten Streifen entlang der Pipeline freiräumten. Aber auch Strömungen könnten in der Nähe der Trasse Munition transportieren, warnt die Risikobewertung von Nord Stream. Nach Angaben des Betreibers waren die Rohre daher so ausgelegt, dass sie eine Sprengung von zwei Tonnen Sprengstoff in 12 Metern Entfernung von der Pipeline ohne Leckage überstehen.

Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen ist es zu einem Durchbruch in der Nord Stream-Pipeline gekommen, wobei das Ausmaß des aktuellen Schadens schwer abzuschätzen ist. Zwar lässt sich der Zustand der Rohrleitung mithilfe von Computeranalysen genau berechnen. Dazu muss man allerdings recht genau wissen, welchen Kräften das Material ausgesetzt war. Bisher deuten die Hinweise – beispielsweise die Größe des Gaslecks – darauf hin, dass die massiven Rohre sehr stark beschädigt oder sogar vollständig durchtrennt sind. Das Ausmaß der Zerstörung bestimmt, wie die Pipeline repariert werden muss. Die meisten heute gebauten Pipelines verfügen über eine speziell entwickelte „Reparaturstrategie“ für den Schadensfall: Bei Nord Stream umfasst diese Strategie nach Angaben der Betreiber fünf verschiedene Szenarien unterschiedlicher Schwere, darunter auch einen vollständigen Bruch der Pipeline.

Sollten große Sprengladungen die Pipeline tatsächlich beschädigt haben, wie Sicherheitsbeamte vermuten, müssen wahrscheinlich längere Abschnitte der Pipeline abschnittsweise ersetzt werden. Diese als „Tie-In“ bezeichnete Reparatur kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden. In manchen Fällen führt man das neue, unbeschädigte Rohrstück oberhalb der Wasseroberfläche ein. Dies war beispielsweise der Fall, als im Jahr 2008 ein Anker einen Strang des Transmediterranen Pipelinesystems vollständig durchtrennte und einen zweiten schwer beschädigte. Die Pipeline befand sich in einer Tiefe von etwa 70 Metern, ähnlich der Tiefe eines Abschnitts von Nord Bach in der Nähe der dänischen Insel Bornholm. Aufgrund der vergleichsweise geringen Wassertiefe wurden die beschädigten Enden der Pipeline mit Spezialschiffen über die Wasseroberfläche gehoben. Anschließend wurde ein neues Segment montiert und die Verbindungen an beiden Enden verschweißt. Auf diese Weise verband 2019 auch das Team eines Spezialschiffs die einzelnen Segmente von Nord Stream 2.

Es ist aber auch möglich, die Enden von Pipelineabschnitten direkt unter Wasser zu verbinden – eine Technik, die bei Nord Stream 1 zum Einsatz kam. Dabei werden die Enden der Pipeline in eine spezielle Überdruckkammer geführt und dort zusammengeschweißt, ein Vorgang, der als „Hyperbar“ bezeichnet wird Einbindung." Diese Technik wurde bei Nord Stream bereits getestet, beispielsweise im Jahr 2011, um die einzelnen Abschnitte der ersten Pipeline zu verbinden, die jeweils von einem anderen Spezialschiff verlegt wurden.

Es gibt auch andere, etwas weniger aufwändige Möglichkeiten, die getrennten Rohrenden fest zu verbinden, ohne sie miteinander zu verschweißen. Man kann sie mit speziellen Flanschen verbinden, ähnlich wie bei gewöhnlichen Rohren. Solche Komponenten sind kommerziell erhältlich und können entweder von Tauchern oder von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen installiert werden. Beispielsweise schnitt der staatliche norwegische Ölkonzern Statoil bei der Reparatur der Kvitebjørn-Pipeline, die unter 210 Metern Wassertiefe lag, einen etwa 25 Meter langen Abschnitt um die beschädigte Stelle herum aus und befestigte das neue Segment anschließend mit speziellen Muffenverbindungen. Nachdem diese über die Rohrenden geschoben wurden, wird die Verbindung hydraulisch dicht verschlossen.

Nach der Reparatur der Rohrleitung selbst gilt es, das in das Rohr eingedrungene Wasser abzupumpen, die Innenseite mit einem Luftstrom zu trocknen und gegebenenfalls den Korrosionsschutz zu erneuern. Diese besteht bei Nord Stream aus einer Kunststoffbeschichtung und sogenannten Opferanoden aus Zink und Aluminium, die elektrochemische Korrosion verhindern.

Welche Technologie bei der Reparatur von Nord Stream tatsächlich zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem vom Ausmaß des Schadens und vor allem davon, welche Art von Ausrüstung zur Verfügung steht. Ein Schlüsselfaktor bei der Reparatur des transmediterranen Pipelinesystems über der Wasseroberfläche war beispielsweise, dass sich ein geeignetes Spezialschiff in der Region befand. Wie schnell Spezialschiffe, Ausrüstung und Experten verfügbar sind, hängt davon ab, wie lange die Reparatur der Pipelines dauert. Schließlich hat Nord Stream nach eigenen Angaben Zugriff auf einen Pool an Reparaturausrüstung, den mehrere Pipeline-Unternehmen gemeinsam nutzen. Auch das Ausmaß des Schadens, die Wassertiefe und die Bedingungen am Schadensort haben Einfluss darauf, wie lange es dauern könnte, bis die Pipelines wieder betriebsbereit sind. Im Fall der Kvitebjørn-Pipeline dauerten die Reparaturen fünf Monate, während die Mittelmeerpipeline neun Monate nach dem Unfall wieder betriebsbereit war. Im Fall von Nord Stream dürfte es aufgrund der ungewöhnlichen Umstände noch länger dauern: Vieles über die Schadensursache ist noch unbekannt.

Dies ist ein Meinungs- und Analyseartikel, und die vom Autor oder den Autoren geäußerten Ansichten stimmen nicht unbedingt mit denen von Scientific American überein.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Spektrum der Wissenschaft und wurde mit Genehmigung reproduziert.

*Anmerkung des Herausgebers (21.10.22): Dieser Satz wurde nach der Veröffentlichung überarbeitet, um die Beschreibung von Schäden an Unterwasserpipelines zu verdeutlichen.

Lars Fischeris a chemist and works as a journalist and editor at Spektrum der Wissenschaft.

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